Probleme

Wie jedes Gewässer kann auch der Tiefe See nicht unbegrenzt Belastungen verkraften. Zwar hat er (bezogen auf seine Größe) eine höhere Kompensationsfähigkeit, was auf seine Morphologie sowie die Wasserchemie zurückzuführen ist, doch ließen sich in den letzten Jahren Veränderungen beobachten, auf die hier eingegangen werden soll. Die Ursachen hierfür zu erkennen und zu beheben, stellt eine wichtige Voraussetzung dar, um die Kostbarkeit, die dieser See darstellt, langfristig zu erhalten, immerhin stellt dieser See etwas ganz Besonderes dar.

Die verschiedenen Belastungsquellen lassen sich kategorisieren. Danach unterscheidet man nach jenen im Arealinneren und solchen im Einzugsgebiet. Zur ersten Gruppe gehört der Badebetrieb der als untergeordnet eingestuft wird (was gewiss auf die nur sehr wenigen Badegäste zurückzuführen ist, denn der Tiefe See wurde nie zahlreich besucht) und zum anderen die Nährstofffreisetzung aus dem Sediment, die ebenfalls nur untergeordnet ist. Mineraldünger als Belastungsquelle im Einzugsgebiet waren lediglich zur DDR-Zeit mitherrschend, nach der Wende wurden Düngeflüge gänzlich eingestellt. Das scheint der See aber weitgehend unbeschadet überstanden zu haben, denn bis in die Mitte der 1990er Jahre zeigte er keine wesentlichen Veränderungen (Folgeschäden durch Überdüngung zeigen sich nämlich sofort).

Als vorherrschende (Haupt)Belastungsquelle (aus der zweiten Kategorie) werden organische Dünger und Silosickersäfte angegeben. Auch sie können einigermaßen kompensiert werden, wenn sie sukzessiv in geringen Mengen den See erreichen, nicht aber, wenn es zu einer plötzlichen Überversorgung kommt.

Die beiden hier gezeigten Bilder, auf denen weidende Kühe im Sommer 1995 zu sehen sind, zeigen (wenn man so will) „die Ruhe vor dem Sturm“.

Zwar trennte ein Zaun die Koppel vom See, dennoch gelangten die Tiere stellenweise ans Wasser heran, was unweigerlich zu Trittschäden im Uferbereich führt (siehe Bild ganz oben). Doch ein echtes Problem stellen die den Sommer über anfallenden Dunghaufen dar, die bis zum Herbst in hoher Dichte die Grasflächen bedecken können. Zwar sickern gelöste Nähstoffe normalerweise in den Boden, wo sie von den Pflanzen aufgenommen werden (was in diesem Fall allerdings auch zur Störung der empfindlichen Magerrasengesellschaften führen kann), doch ein strenger Winter kann diesen Prozess in eine andere Richtung lenken - so geschehen im Winter 1995/96:  Der dreimonatige Dauerfrost bei kaum nennenswerter Schneedecke ließ den Boden stellenweise bis 1,50 m tief frieren. Im Frühjahr zur Schneeschmelze hatte dies fatale Folgen für den See. Die aufgeweichten und teils gelösten Dunghaufen konnten keinen Zentimeter ins Erdreich eindringen und wurden mit dem Schmelzwasser als „braune Brühe“ direkt auf die Eisfläche des Sees gespült. Das führte in der Folge zu deutlichen Reaktionen des Sees, so entstand z.B. innerhalb weniger Jahre ein geschlossener Schilfgürtel entlang der gesamten Uferlinie. Das ist eigentlich völlig untypisch für diesen See, der normalerweise kaum Schilf aufweist. Der dichteste Röhrichtgürtel erstreckte sich lediglich entlang des Nordufers, wie das Bild rechts vom Dezember 1994 zeigt.

Eine sprunghafte Zunahme des Schilfs ist also eine eindeutige Reaktion auf die plötzliche Überdüngung (H. Mauersberger mündl.). Es soll hierbei deutlich werden, wie empfindlich ein intaktes „Ökosystem See“ auf unnatürlichen Nährstoffeintrag reagieren kann. Viele unserer Seen kennen wir gar nicht anders als mit trübem Wasser und Faulschlamm, daher ist es oft ein gewohntes Bild. Aber wir Menschen waren es, die diese Gewässer in einen solchen Zustand versetzt haben durch intensive Landwirtschaft, kommunale Abwässer, Trockenlegung von Mooren und dadurch Freisetzung von Nähstoffen mit direkten und indirekten Auswirkungen auf viele Seen in einem mehr oder weniger zusammenhängenden Gewässernetz.

Blick über den See zum Ostufer  (Foto: M. Just,  Sommer 1995)

Blick über den See zum Westufer  (Foto: M. Just,  Sommer 1995)

nördlicher Teil mit Schilfgürtel am Nordufer  (Foto: M. Just,  Dezember 1994)

Das Westufer mit Blick über den See im August 1992, man hat freie Sicht auf das typisch hellblaue, lichtdurchflutete Wasser, die sehr schmale Uferbank ist ganz vorn zu erkennen. (Foto: M. Just)

Zum Vergleich kann man diese Aufnahme vom 2. Juni 2002 heranziehen. Zwar ist es nicht exakt der selbe Uferabschnitt, sondern etwa 100 m weiter südlich, dennoch zeigt das Bild genau das, was oben angesprochen wurde, der Schilfgürtel hat in der Zwischenzeit (nach 1996) die gesamte Uferlinie des Sees erfasst und verhindert somit die freie Sicht, die man noch auf dem Bild oben hat. Dass dieser Gürtel nur sehr schmal ist, liegt am starken Gefälle, denn Schilf reicht nur bis in eine Tiefe von etwa 1,50 m hinab.

So typisch der Röhrichtbestand für die meisten Gewässer unserer Gegend ist, so untypisch ist er (zumindest in dieser Ausdehnung und Dichte) für den Tiefen See und damit ein deutliches Arlarmzeichen. (Foto: M. Just)

Diese beiden nächsten Bilder (rechts) zeigen eine Gegenüberstellung der Situation am Westufer mit einer Zeitspanne von 10 Jahren.

Die relativ isolierte Lage des Tiefen Sees ist eigentlich ein Glücksfall, er hat weder Zu- noch Abfluss, kann also durch andere (belastete) Gewässer nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Eine Grundwasserbeeinflussung wird zumindest angenommen (Mauersberger & Mauersberger 1996), ansonsten wird der See überwiegend aus Substrat- und Hangabflusswasser sowie Niederschlag gespeist. Das wiederum birgt eine hohe Gefahr, wenn wir die Trockenhänge der Umgebung zu stark bewirtschaften und überdüngen. Zwar handelt es sich um Extensivgrünland, doch dieser Streifen ist erstens nicht sehr breit und außerdem nützt es nur dann etwas, wenn der Weidebetrieb um den See entweder völlig eingestellt (optimal) oder wenigstens auf ein Minimum reduziert wird, denn wir haben es hier mit einer Kostbarkeit zu tun und sollten immer daran denken: So etwas wie den Tiefen See gibt es in Brandenburg nur dieses eine Mal.

Westufer am „Knick“ (halbe Nord-Süd-Länge) mit deutlichen Trittspuren der Rinder (1992)